Rhinau – zwei weitere Flussperlen am Oberrhein diesmal in pfälzisch-allemannischer Kooperation
Nachdem alle Touren aus dem Buch von Wolf Bresch „Flussperlen am Oberrhein“ letztes Jahr echte Höhepunkte der Paddelsaison waren, hatte Bernhard für uns und eine Gruppe der Freiburger Faltbootfahrer am langen Wochenende nach Himmelfahrt zwei weitere Flüsse parat: die Petite Ill und das Brunnwasser.

Freitagnachmittag starteten wir gemeinsam Richtung Straßburg und besorgten auf dem Weg noch kurz die Zutaten für eine Geflügel-Paella, um anschließend auf dem Campingplatz in Rhinau mit den Freiburgern in den Abend hinein zu kochen, zu essen und zu erzählen. Das pfälzisch-allemanische Mischungsverhältnis 8:7 passte und die Völkerverständigung funktionierte auf Anhieb. Bei sommerlichen Temperaturen und Bilderbuchwetter freuten wir uns auf die gemeinsame Zeit auf dem Wasser.
Am nächsten Morgen Frühstück um 8, Abfahrt um 9, Boote in der Rue des Lilas in Nordhouse abladen, Autos an die Ausstiegsstelle in Strassbourg versetzen und Rückkehr zum Einstieg bis 10:30 Uhr – eine Paddeltour in dieser Gruppengröße ist auch logistisch eine Hausnummer, doch gute Planung, Erfahrung und Überblick ließen alles ganz einfach und reibungslos ablaufen. Eine Kostprobe, wie man seine Tour nicht beginnen sollte, gaben uns beim Warten auf die Fahrer zwei Franzosen mit Hund und Packrafts. Diese steuerten sie vor unseren Augen direkt in ein zur Durchfahrt gesperrtes Wehr unter einer Brücke mit anschließender Walze. Dann hörte man einen unterdrückten Schrei und wir sahen einen der beiden in der Walze schwimmend, während der andere im Packraft mit Labrador heil durchgekommen war, doch vergeblich versuchte, seinen Freund zu retten. Zum Glück trieb es den Schwimmer kurz darauf ohne unser Zutun aus der Gefahrenzone und er konnte mit Sonjas Bootsleine an Land gezogen werden, doch verschiedene Packsäcke und sein Raft blieben in der Rückströmung hängen. Diese zu bergen, wäre zu risikoreich für Leib und Leben, sie sollten besser die Feuerwehr verständigen, war der Rat, mit dem unsere Gruppe die beiden zurückließ, bevor wir gegen die Strömung in Richtung Petite Ill lospaddelten.

Auf dem Bach angekommen führte uns die Strecke zunächst vorbei an so einigen malerischen Gärten des Dorfes, bis das wahre Abenteuer in einer amazonasartigen Wildnis begann. Bäume und Büsche von allen Seiten mit einer Strömung, die einen, wenn man nicht wirklich aufmerksam paddelte, quer in die teilweise stachelige Botanik zog und im schlimmsten Fall auch kenterte. Wir konnten viel Natur aus nächster Nähe genießen zwischen einer Vielzahl funkelnder Libellen, treibenden Wasserpflanzen und verschiedenen Schwanenfamilien mit sehr niedlichem Nachwuchs. Ganz besonders spannend waren auch die Verblockungen und der daraus resultierende Hindernisparcour, den unsere Gruppe zwar mit einigem Zeitaufwand, doch durch vereinte Kräfte mit Bravour meisterte – allen helfenden Händen und Paddlern noch nachträglich ein großes Dankeschön für die Unterstützung!

Gegen Ende wurde es außerdem noch interessant, weil die Tourbeschreibung aus dem Flussführer nicht so ganz zu dem zu passen schien, was wir vor Ort vorfanden. Es wurde verwirrend. Ja, aus der Petite Ill kamen wir irgendwann in die normale Ill, doch dass diese sich dann in drei Arme teilen sollte, war nirgendwo erkennbar. Da gab es eine Seite mit einem nicht sonderlich zum Umtragen einladenden Wehr links und eine andere Seite rechts davon, an der es weiter ging. Andere Umtragestellen, wie in der Beschreibung angekündigt, sahen wir keine. Also paddelten wir auf der rechten Seite bis zum Ende und stießen dort vor einem Sperrwerk, in dem die Ill verschwand, auf eine alte Schleuse für Kajaks in wirklich schlechtem Zustand.


Diese in Gang zu bekommen und zu bedienen, war eine Herausforderung, die die Freiburger auf sich nahmen ohne Rücksicht auf Verluste. Eine blutende Hand und eine geprellte Rippe waren der Preis dafür, dass ein Großteil der Gruppe geschleust werden konnte und nicht alle umtragen mussten. Anschließend kamen wir zum Glück gut durch und konnten wie geplant beim Jugendclub mit der Kletterwand in Straßburg aussetzen und Boote laden. Auf dem Campingplatz gab es dann noch ein paar sehr gute Schupfnudeln mit Sauerkraut aus dem Bräter, um einen wirklich abwechslungsreichen Paddeltag würdig zu beenden.
Auch sonntags frühstückten wir um 8, um noch genug Zeit zum Zelte abbauen und aufräumen zu haben, bevor es ab 10 in Rhinau aufs Brunnwasser ging. An der Einsatzstelle waren wir diesmal nicht allein, denn zwei kommerzielle Touranbieter mit großen Hängern wollten jede Menge Franzosen mit Kanus auf die gleiche Strecke schicken. So beeilten wir uns, doch eine der Gruppen startete zeitgleich mit uns auf den glasklaren Quellfluss, so dass wir ein Stück weit ausgebremst wurden. Landschaftlich war die Strecke jedoch von Anfang an einmalig schön und aus meiner Sicht noch beeindruckender als die Petite Ill, weil man die gesamte Tour hindurch alle Steine, Fische und Wasserpflanzen im Flussbett sehen konnte. Auch verschiedene Schwanenfamilien mit Nachwuchs gab es wieder und recht bald gelang es uns, die langsameren Kanus als Gruppe zu überholen, so dass wir freie Bahn hatten bis zur ersten Brücke.

Diese war wirklich niedrig, daher entschied sich ein Teil fürs Umtragen, während andere allein oder als Päckchen gekantet die Unterquerung wagten. Hier legten wir dann auch unsere Mittagspause ein und vesperten zusammen mit der französischen Kanugruppe, doch brachen vor dieser auf, um die verbleibende Strecke zu paddeln. Uns erwartete eine noch niedrigere Brücke – diesmal wurde sogar unter der Brücke hindurchgerollt, doch ansonsten wieder umtragen oder diese in Päckchen zusammen unterquert.




Abgesehen davon fing es an zu regnen, erst nur einige Tropfen, doch ziemlich schnell immer stärker, begleitet von Donner und dicken Wolken am Himmel. Ohne Ausstiegsmöglichkeit blieb uns aber nichts anderes übrig als weiterzupaddeln. Erst als der Starkregen in Hagel überzugehen drohte, suchten wir als Gruppe Schutz in einem Kehrwasser unter den Bäumen am Ufer und warteten, bis das Unwetter aufhörte.




Von dort war es nur noch ein kurzes Stück bis zum Ausstieg und nach dem Rücktransport der Boote zum Campingplatz zur Verabschiedung von den Freiburger und zur Heimfahrt – zufrieden und glücklich darüber, an nur einem Wochenende so viel erlebt zu haben.
Bernhard und den Flussperlen sei Dank 😉
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